Koksi riss die Augen auf: „Was hast du getan, Bruno?! Du hast den Kleinen Schnaps in die Milchpulle gefüllt?“
Vera starrte fassungslos zu Boden. Teddyz hielt Henk am T-Shirt fest, der dem kleineren Bären zu gern den Hintern versohlt hätte.
Bruno verschränkte die Tatzen und schob eine Schnute. „Die Lämmer haben so einen Krach gemacht. Ich konnte nicht mehr klar denken. Seit Wochen bekomme ich nichts erledigt. Meine Nerven sind am Ende. “ Er wischte sich ein Tränchen aus dem Augenwinkel.
Vera hob ihre rechte Tatze und drückte dem Braunen ihre Zeigekralle auf die Stirn. Dann murmelte sie etwas, nieste kurz – und verpasste Bruno eine Ohrfeige, dass es schepperte. „War keine Absicht von ihm. Und jetzt lösen wir das Problem,“ sagte sie in die Runde. Die Koaladame setzte sich ihren Hut zurecht, ging zum Laufstall und betrachtete die darin schnarchenden Lämmer.
Bragi, der Neuzugang, keine zwei Wochen alt und damit niedlichstes Schäfchen der Welt, pupste verträumt, als Koksi ihm die Nase kraulte.
„Das ist jetzt auch keine artgerechte Tierhaltung, oder?“, fragte Henk.
Vera runzelte die Stirn: „Nein, aber das ist Aufzucht nie. Da die Mütter tot oder unfähig sind zu stillen, hätte Sybille entsprechend die Kleinen im Wald ausgesetzt und sie dort von Raben zerhacken, oder vom Fuchs reißen lassen. Vielleicht wären sie ja schon so ausgehungert gewesen, dass sie den Schmerz kaum noch gefühlt hätten. Hast du schon mal gesehen, wie Raben einem Lamm die Augen auspicken, hm? Natur fühlt sich nicht immer schön an.“
Henk schüttelte sich: „Sie sind natürlich besser hier aufgehoben. Aber sie müssen in ein eigenes Haus. Wenn Locke nochmal so laut blökt wie gestern Nacht, krieg ich’nen Hörsturz.“
Bruno stellte sich vor die Lämmer und reckte seine rechte Faust: „Ich baue ihnen einen Stall!“
Koksi klatschte in die Tatzen und rief: „Ich kann helfen! Ich hab mal ein Foto von einem Stall gesehen!“
Bruno zückte seine Kettensäge und lächelte grimmig: „Nun denn, Bärchen, wir haben einen Auftrag.“
Nach einigen Stunden eifrigsten Gehämmers und dem Kreischen der Säge, diversen interessanten Hammer-und-Daumen-Flüchen und dämlichen Kalauern wie: „Der Mäh-Drescher verkloppt die anderen Böcke“ oder „das Goldene Vlies mäh-anderte den Fluss entlang“, sowie „ge-mäh-chliches Kauen unterstützt die Fer-mäh-ntation“ rief Vera: „Mäh-nner, es ist vollbracht!“ Die Bärchen schmissen eine Pulle von Sybilles bestem Wein gegen die Stalltür, „Geweiht seist du Ruhe, Frieden und Ordnung“, und trabten fröhlich zum Außengehege, um die neuen Bewohner des neuen Stalls von ihrem dringenden Umzug zu überzeugen

Phantom der Oma stimmte rasch zu – auch ihm war der Laufstall viel zu eng geworden, und außerdem war er das Geschimpfe von Sybille leid, wenn sie sich gegenseitig die extra genähten Windeln vom Po zogen.
Locke lag überwiegend die Futterversorgung am Herzen, und Öhrchen… Öhrchen nahm Teddyz beiseite. „Ich kam gestern in den zweifelhaften Genuss, die näheren Umstände des Osterfestes zu ergründen“, raunte der kleine Texel-Bock dem Alt-Bären in die Ohrmuschel. Dem schwante, dass es sich um Begriffe wie „Lammschulter“ oder „Bockwurst“ handeln könnte. Beruhigend legte er Öhrchen die Tatze auf die gesenkte Stirn. „Öhrchen, Sybille durchforstet schon seit ewiger Zeit das Internet, und sie geht allen möglichen Leuten auf den Nerv, um Schafwolle in Deutschland wieder zu einem etablierten Rohstoff zu erheben – derzeit bekommt sie für ein Kilo Wolle nicht mal einen Euro. Daher wurden Schafe mit der Zeit immer öfter etwas, zu dem man Rosmarinkartöffelchen reichte.
Aber wir sind die SchafPiraten, und wir machen in Textil – da sollte uns doch etwas einfallen, oder – BRUNO, NIMM DEN SATTEL VON BRAGI RUNTER!!!“
Eine Weile später sprang Sybille aufgeregt hinter dem Schreibtisch hervor, wedelte mit einer Kalkulation, tanzte durchs Büro und rief: „Heureka! Sie sind gerettet!“
Fortsetzung folgt.

Briefe von Euch, danke!