„Ja, der hier ist prima!“ Koksi hielt den Stoff an Teddyz‘ Bein.
„Der Stoff soll aber zum Ohr, und nicht zum Bein passen. Neue Schuhe hältst du dir ja auch nicht ans Kinn“, bemerkte Henk.
Koski reckte die Arme in die Höhe: „Ich bin zu klein, ich reiche nicht hoch!“
Henk setzte ihn Teddyz auf den Kopf, „So, und nun probier nochmal.“
„Ich kann von hier oben aber nur Teddyz‘ Scheitel sehen, und nicht wie’s von vorn aussieht.“
Henk und Bruno schoben einen Spiegel, in dem Koksi sich einen Überblick verschaffen konnte, vor Teddyz hin. „Jetzt besser?“, knurrte Henk.
„Ja. Oh. Das steht ihm wirklich nicht“, sagte Koksi enttäuscht. Er drapierte den Zipfel um Teddyz‘ anderes Ohr.
„Versuch den hier“, riet Bruno und warf ein anderes Kleidungsstück von Sybille nach oben.
„Ja, schon besser. Noch eins.“
Bruno warf.
„Das ist es, oder?“
Bruno, Henk und Teddyz betrachteten sich Teddyz‘ Spiegelbild.
„Es ist gelb. Gelb steht Brünetten eigentlich nicht. Rot war besser.“
„Gelb ist nur für Blondinen und Schwarzhaarige.“
„Und Weiß wieder für Brünette, und nicht für Blonde, es sei denn, sie sind sehr sonnengebräunt, aber nur echte Sonne. Aber das Weiß schmuddelst du bestimmt gleich wieder ein. Und du hasst es, gewaschen zu werden.“
„Mich stört eigentlich nur der Schleudergang; Waschen selbst finde ich toll“, sagte Teddyz.
„Erdtöne gehen immer bei Brünetten“, stellte Henk fest.
„Etwas schlicht, findest du nicht, wie wäre es mit Hellblau, so wie ich den Schlips auf meinem Profilbild trage?“ Für Bruno war es wichtig, aus der Masse heraus zu ragen.
Teddyz schüttelte sich den Stoff vom Kopf und brummte: „Es handelt sich hier um mein Ohr. Ich muss es zu Partys und auch zu Beerdigungen tragen können. Kann mir dann ja schlecht eine Kappe aufs Ohr setzen.“
Bruno hakte bei diesem Punkt nach: „Du könntest es in geschmolzene Schokolade tunken, dann hättest du gleich einen Snack für später dabei.“
„Hier, diese Bluse trägt sie fast nie“, sagte Henk und reichte das Blümchenmuster hoch zu Koksi.
„Der Saum ist ja auch eine Katastrophe. Und das Muster geht ja wohl gar nicht! Teddyz wird sich bedanken, wenn die Leute näher hingucken, um es besser zu erkennen. Ein Accessoire soll unterstreichen und nicht, wie eine Alarmglocke, den Betrachter erschrecken.“ Bruno war ehrlich entrüstet.
„Wahrscheinlich fällt ihnen dann auch der Ohrenschmalz auf, klar, kenn‘ ich“, piepste Koksi. Teddyz kniff kurz die Augen zu.
„Was ist mit Karos?“
Bruno winkte ab: „Non. Da denkt jeder, Teddyz hätte sich in Camp David operieren lassen, igitt.“
„Bruno, hol mal dein schlaues Buch und lies vor, sonst sind wir nächste Woche noch nicht fertig.“
Bruno hüpfte vom Bett und grub in seiner Kiste. Nach einer Weile kletterte er mit dem Wälzer Was man bei Stil alles falsch machen kann unterm Arm wieder zurück zu den anderen. Er steckte willkürlich einen Finger in eine Seite, schlug das Buch dort auf und las vor: „Lassen Sie neue Kleidungsstücke nicht von Ihrem Bäcker eintragen. Wenn Sie soviel geerbt haben, dass Sie sich einen Bäcker zu leisten im Stande sind, dann gehen Sie gefälligst zu einem Schneider und lassen auf Maß anfertigen.¹)“
„Heißt das, jemand soll Teddyz‘ Ohr erst mal eine Zeitlang tragen, bevor wir es annähen?!“
„Nein, Koksi, auch wenn Teddyz leider nicht geerbt hat, und wir auch keinen Bäcker haben – Sybille zählt nicht – dann bekommt er ein Ohr auf Maß. Oh, im Übrigen heißt es Butler, nicht Bäcker. Ich hatte mich verlesen.“
„Klingt auch logischer. Was steht noch da?“
„Kein Braun ins Büro, das ist stillos und Sie sollten sich was schämen! Ihre armen Mitarbeiter.“
„Teddyz hat kein Büro. Zum Glück niemand von euch, ihr seid ja alle braun“, bemerkte der kleine Eisbär. Die anderen nickten.
„Hier ist noch was zum Tartan, das Muster durften wir ja nicht verwenden: Der Tartan wird auf dem Land zur Schau getragen, also hüten Sie sich, das in der Stadt zu tun. Sie sehen damit aus wie ein Trottel, der ohne sein Navi im Cayenne oder Q7 nicht einmal die eigene Hauseinfahrt findet. Wenn es unbedingt ein Muster sein muss, versuchen Sie dezentes Paisley.“
„Also Paisley. Was für ein Glück, dass Sybille uns verboten hatte, ihren Schottenrock zu nehmen.“
„Heißt das, dass Sybille im Schottenrock in der Stadt aussieht wie ein Trottel?“ Bruno hatte auf diesen Punkt geachtet.
„Wenn du das auf die Kleidung schieben willst, ja.“
„Was ist mit Burberry?“
„Die Kundschaft von Burberry benötigt keine Tartans um wie Trottel auszusehen. Entweder sie wohnen auf dem Land, vernünftig, so wie wir. Oder in einem Herrenhaus mit Pferden und hungernden Pächtern. Oder sie wohnen in der Stadt und dann ist ihnen eh nicht zu helfen.“
„Und sie hat sich in London einen Schottenrock gekauft und ihn dort getragen?“
„Ja. Oh – ich verstehe… das ist peinlich. Und wir saßen in einem Rucksack, der einen Burberry ähnlichen Tartan zur Zierde hatte. Oje.“
„Kein Wunder, dass die Leute in der U-Bahn alle beiseite geschaut haben.“
Teddyz gab Bruno einen Knuff, „Das haben sie getan, weil du die ganze Zeit SMILE! gebrüllt und mit der Kamera überall und auf jeden draufgehalten hast. Zuviel gezuckerte Jam zum Frühstück, vermute ich.“
„Ich hab was.“ Henk hob einen Schal hoch.
„Großartig. Den nehmen wir. Dezentes Muster, spitzen-Material und Sybille hat ihn ewig nicht getragen.“
„Was ist hier los und was macht ihr mit Annikas Schal?“ Sybille stand unvermittelt im Schlafzimmer und betrachtete das Chaos, das sich aus dem Kleiderschrank hinüber aufs Bett ergoss.
„Oh, wir haben ihn für dich wiedergefunden und dann kannst du ihn Annika gleich schicken. Seit wann wartet sie überhaupt darauf?“
Sybille nahm das schwere Seidentuch an sich. Sie überlegte, das Haus um einen Teddy-sicheren Anbau zu ergänzen, verwarf den Gedanken jedoch sofort. Das wäre, als wolle man Wasser sieben.
„Es reicht“, sagte sie, „morgen fahre ich nach Oldenburg, und dann hole ich Stoff. Irgendwelche Wünsche?“
Vier Pfoten flogen hoch.
„Wir wollen mit“, sagte Bruno.
„Nein. Das letzte Mal habe ich ewig mit Tina diskutieren müssen, wegen der Haftpflicht. Ihr Gutachter wollte zuletzt seinen Job an den Nagel hängen, und ich hätte um ein Haar Hausverbot bekommen.“
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1) Vgl. u.a. Roetzel, B. Brunos Buch strotzt nur so vor Plagiaten; umso schlimmer, da der unbekannte Autor nicht 1:1 abschreibt, sondern eigene Formulierungen benützt. Es treibt einem die Tränen in die Augen.
Briefe von Euch, danke!