„Koksi, das wird so nichts.“ Der kleine Eisbär war den Tränen nahe. Er stemmte sich gegen die Häkelnadel wie ein verzweifelter Bootsmann, der sein gehäkeltes Schiffchen gegen Hochwasser verteidigt.
„Teddyz, ich bin zu klein!“, heulte er mit heller Stimme, als könne Wut etwas ändern.
Henk nahm ihn und die Häkelnadel behutsam hoch und gab ihm einen Stups auf die Nase. „Du bist so klein, damit ich dich besser knuddeln kann“, brummte er. Koksi strampelte sich los. Was er sonst brummend genossen hätte, war ihm jetzt unterträglich. Er warf die Häkelnadel weit von sich. Da sie noch immer in der Schlaufe steckte, zog die Fadenspannung sie zurück und die Nadel knallte ihm gegen den Kopf.
Das war zu viel.
Koksi schrie ein Schimpfwort, das sich gewaschen hatte. Teddyz hob mahnend eine Augenbraue.
Bruno reichte ihm einen Keks. Koksi nahm ihn dankbar an und biss hinein. Ein Träne kullerte seine weiße Wange hinunter.
„Ich werd’s nie lernen“, seufzte er.
zum-glueck-1zum-glueck-2Bruno knuffte ihn. „Komm, ein letztes Mal. Und mit jedem Stich kannst du sagen Du blödes Ding, ich lass dich gleich mal liegen, und dann schmeißt du hin und hast nie wieder damit zu tun. Oder du schaffst es und alles wird gut. Aber versuchen musst du es.“
Koksi legte den Keks neben sich und nahm die Häkelnadel erneut auf.
„Mach sie fertig“, ermunterte Henk seinen kleinen Kameraden. Bruno stellte sich neben Koksi zur Hilfe bereit. Mal hielt er den Faden, mal den Kochlöffel, mal sprang er ein und fummelte den Faden zurück auf den Haken.
zum-glueck-3Und wieder und wieder zog der Eisbär mit seiner Nadel die großen Schlaufe über den Kochlöffel, legte sie dort ab und stach in das nächste Loch, zog die Schlaufe, legte sie ab, zog – und stoppte. Zwei Schlaufen hatten sich verheddert, als er sie auf dem Rückweg mit einem Stäbchen abschließen wollte. Nun konnte er vier Pfoten und drei Nadeln gebrauchen. Und etwas festere Nerven.

„Du blödes Ding, ich lass zum-glueck-6dich gleich mal liegen!“ Koksi tobte, schleuderte wutentbrannt die Häkelnadel von sich, griff nach der Schere und attackierte das Gehäkelte.
Henk nahm ihm die schwere Schere ab. „Ruhig Koksi. Es ist vorbei. Nimm einen Keks und lass die Häkelei.“
Koksi starrte ihn an. Sein Kinn zitterte. „Ich wollte eine Häkeljacke für Teddyz machen, zum Geburtstag. Er hat doch im August Geburtstag.“ Er schniefte tief durch. „Mit Lochmuster und Kochlöffel-Schlaufen!“ Wieder kullerte eine Träne. Teddyz zum-glueck-5nahm sie sanft mit der Tatze auf und tätschelte Koksi den Kopf. Der Eisbär krabbelte in Teddyz‘ Arme. Einen Keks später war er dort eingeschlafen.
Teddyz nickte Henk und Bruno zu, die auch ohne Worte verstanden: Koksi brauchte eine Aufmunterung.
Sie hangelten sich vom Sofa, besser: Henk ließ sich einfach fallen und Bruno landete kurz später auf ihm, und dann sausten sie die Treppe hoch, stoben ins Nähzimmer. Suchten nach dem Rahmen, den sie eigentlich Henk zum Geburtstag geschenkt hatten. Aber Henk hatte es nicht so mit Sticken. Bruno buddelte sich durch einen Stoffkorb. Nichts. Dann kletterte er das Bügelbrett empor – ein Aussichtsturm, auf dem auch oft vermeintlich verschollenen Dinge zu finden waren. Aber weit und breit lag kein Rahmen. Henk hob dann etwas Geschenkpapier in die Höhe – mit Ordnung hatte er es auch nicht so – und da lag er auch.
Es fehlte jetzt nur etwas Stoff und Garn. Aber davon gab es unten genügend.
Mit Holterdipolter spangen sie die Stufen wieder hinunter, nutzten dabei den Rahmen als mobile Rundleiter  und wetzten ins Wohnzimmer (nicht zum-glueck-4jedoch ohne kurz in der Küche nach dem Rechten zu sehen. Leider war weit und breit kein Kuchen auszumachen). Sie bremsten mit heißen Füßen auf dem Holzboden, als sie bemerkten, dass Koksi gerade ein Beruhigungsschläfchen machte.
Teddyz lächelte, als er gesehen hatte, was Henk da im Schlepptau hatte. Bruno knipste rasch etwas von dem schönen Garn ab, und fädelte die Nadel ein und spannte etwas Stoff in den Rahmen.
Henk stupste Koksi sacht an. Der kleine Bär gähnte herzhaft, schmatzte etwas und blickte in drei erwartungsfrohe Gesichter.
„Was ist denn los?“, fragte er.
„Wir haben dir etwas mitgebracht“, sagte Henk. Koksi rappelte sich auf. Vor ihm lag eine riesige Fläche weißer Baumwolle. „Was ist das?“
Bruno hielt ihm Nadel und Faden hin.
„Hier. Für deine erste Stickarbeit.“
zum-glueck-8Koksi patschte in die Pfoten: „Au fein! Das wollte ich schon immer mal probieren.“ Ehe es sich die anderen versahen, hatte Koksi einen kleinen Knoten ans Ende des Fadens gedreht, die Nadel in den Stoff gestochen, einmal die Richtung gewechselt, die Nadel wieder hervorgeholt, wieder in den Stoff getaucht, undsoweiter, und sich dabei über beide Ohren gefreut.
„Was ist das?“, fragte Henk schließlich und deutete auf das XXX.
Koksi legte den Kopf in den Nacken. „Mein Name natürlich.“
„Ach so“, antwortete Henk, „ich muss auch mal lesen und schreiben lernen.“
Bruno drehte sich beiseite und biss sich in die Faust. Als er sich wieder beherrschen konnte, rief er: „Männer, ich habe vorhin eine Tüte Puddingpulver im Altpapier gesehen. Das heißt, Sybille hat irgendwo eine Schüssel Pudding vor uns versteckt. Denkt ihr, was ich denke?“

Als Sybille an diesem Abend nach Hause kam, lagen vier kleine schlafende Bären in der Küche und hatten es sich im Brötchenkorb gemütlich gemacht. Neben ihnen stand die Schüssel mit dem Pudding fürs Abendessen. Leer.
Behutsam trug sie das Körbchen mit den schnarchenden Bären ins Bärchenzimmer, löschte das Licht und schloss die Tür hinter sich.