„Ihr seid eine Schande. Euch darf man nicht mal zwei Minuten vor die Tür lassen. Was habt ihr euch nur dabei gedacht?“ Teddyz sprach ruhig und bedacht, aber Bruno und Koksi wussten, dass der Spaß hier ein Ende hatte. Koksis Kinn zuckte. Bruno stemmte die Fäuste in die Hüfte, aber entspannte sich sofort, als Teddyz warnend den Kopf zur Seite neigte.
Ein Teddy wird nie wütend. Er hat Verständnis, er tröstet, er bietet stille Teilnahme. Aber niemals, nie! wird er seinen Menschen in eine unangenehme Situation bringen. Diese Wesensart brachte er auch anderen Menschen und Teddys entgegen. Dass Teddyz nun kurz davor stand, dass ihm sein Pelzkragen platzte – das hatte historischen Seltenheitswert.
Bruno atmete tief durch. „Ich entschuldige mich.“
Teddyz hob eine Augenbraue.
Bruno sah betreten zu Boden. „Ich entschuldige mich von Herzen und verspreche, diese Dummheit nie wieder zu begehen.“
Eine Träne kullerte aus Koksis Auge: „Aber Teddyz!“, begann er, „Teddyz, er hat es doch meinetwegen getan!“
Bruno senkte seinen Blick noch tiefer. Wie immer beschämte es ihn, wenn der vermeintlich schwächere Koksi für ihn Partei ergriff und auf Klärung bestand.
Teddyz wusste, dass Koksi nicht zu Heldentum neigte: „Was führt dich zu dieser Ansicht, kleiner Koksi?“
Koksi holte tief Luft. Aus dem Augenwinkel sah er, das Henk ihm aufmunternd zunickte. „Also, wir wollten doch nach Berlin, wo die Hauptstadt ist und alle Museen und man kann auf der Spree fahren und in den Zoo gehen und beim Shoppen viel Geld ausgeben, und man kann Politiker sehen, und Prominente, und Sänger und schöne Filmschauspielerinnen …“ – „Ja, Koksi“, unterbrach Teddyz ihn sanft, „und dann?“
Koksi knibbelte an einer Kralle. „Dann hab ich geheult. Weil Sybille uns nur mit ins Restaurant genommen hatte, und da durften wir auch kein zweites Mal mit, und wir haben vom Fenster aus gesehen, wie schön alle mit einem Schiff die Spree langgefahren sind, nur wir nicht, und ich hatte doch schon die Internetseite vom Pergamon-Museum gefunden, und“, flüsterte Koksi dann, „und dann ist Sybille mit uns nur in dieses Vampir-Haus gegangen. Und sonst nichts, niente, nessuno, nada, lulu, gar nix.“
„Ein Vampir-Haus?“, fragte Henk. Das klang interessant.
„Ja, und überall liefen Vampir-Wissenschaftler in weißen Kitteln herum“, ergänzte Bruno, der auch mal wieder etwas sagen wollte. Der Anpfiff schien vorüber und das Abenteuer rückte endlich wieder in den Vordergrund.
Teddyz kräuselte die Nase: „Wie kommt ihr auf Vampire?“
„Sie wollten alles Blut von Sybille!“ riefen Koksi und Bruno fast gleichzeitig.
Teddyz entschied sich, zu einem späteren Zeitpunkt auf dieses Rätsel zurück zu kommen.
„Und was hatte es mit dem Rausschmiss aus dem Lokal auf sich?“, fragte der Älteste Bär, nun wieder etwas strenger.
„Wir hatten etwas getrunken“, murmelte Bruno, „und dann kam Koksi auf die Idee mit dem Foto mit der Champagnerflasche.“
„Aber den Korken hast du losgeschraubt, das war deine Idee“, kicherte Koksi, der sich noch gut an den kurzen Flug an die Decke des Lokals erinnern konnte.
„Ja, das war lustig“, bestätigte Bruno, besann sich dann aber eines Besseren, und trat etwas von einem Fuß auf den anderen. „Naja, und weil mit Sybille immer nie was anzufangen war, und wir immer nur im Hotel waren, da sind wir dann bei der letzten Chance ausgebüxt.“ Er richtete sich auf und klemmte sich den überraschten Koksi unter den Arm. Mit schwingender Stimme verkündete er: „Als überzeugter Demokrat musste ich unserem Koksi doch zeigen, wo die Frau Merkel wohnt, bei der sich immer alle bedanken, und wo die ganzen Beratungen über unsere Zukunft stattfinden! Und deswegen hab ich den Koffer weg geschoben, als Sybille gerade nicht hin geschaut hat, und hab Koksi den Bundestag gezeigt.“
Dagegen konnte Teddyz nichts einwenden. Auch Henk zuckte nur kurz mit den Schultern.
„Ihr hättet Sybille wenigstens Bescheid sagen können, dass ihr kurz mal weggeht.“
Beide Delinquenten atmeten schuldbewusst und tief durch.
„Ja.“
„Und hat es geklappt?“, fragte Henk.
Bruno hielt seine kleine Kamera hoch: „Ja, hier ist das Beweisfoto.“
Teddyz kniff ein Auge zu, als er auf den Display schaute: „Ich kann nichts erkennen.“
„Unter dem ‚Ha‘ von ‚Hauptbahnhof‘ kannst du die Glaskuppel sehen. Im oberen Viertel des Bildes links neben der Mittellinie“, erklärte Koksi.
Teddyz drückte sich fast die Schnauze am Display platt, aber dann erkannte auch er das Reichstagsgebäude.
„Ah so, gut. Aber ihr hättet Sybille wirklich ersparen können, dass sie euch durch den halben Bahnhof suchen musste. Zum Glück seid ihr ja aufgegriffen worden, auch wenn die Polizisten bestimmt wichtigeres zu tun hatten, als nach euch Lümmeln zu fahnden. Habt ihr euch wenigstens bei den Beamten bedankt?“ Bruno nickte: „Koksi war hin und weg, das sieht man auch auf dem Foto.“
Henk hob anerkennend einen Daumen: „Schicke Uniform. Könnte mir auch stehen.“
Für Teddyz hatte die Beweisaufnahme noch kein Ende gefunden: „Und warum war Sybille jetzt überhaupt mit euch in Berlin?“
Bruno strich sich übers Kinn. „Wegen der Vampire, glaub ich. Sie hat ganz lange mit einer gesprochen, die war sehr klug, also die Frau, und dann hat es ganz viele Buchstaben und lateinische und griechische Wörter gegeben und dann war Sybille ganz leise.“
Teddyz schwante nichts Gutes. Er kannte Sybille von ganz klein an, als sie noch mit Schleifchen im Haar im Sandkasten spielte. „Hat sie gesagt ‚wenn’s weiter nichts ist‘ oder so?“
„Wenn es weiter nichts ist… ja. Eigentlich dauernd.“ Koksi schaute den Älteren fragend an, doch Teddyz schwieg.
Bruno zog Henks Ohr zu sich herunter und raunte: „Das ist, weil sie adelig ist. Adelige sagen das häufig. Wenn der Nachbar angreift, die Flut kommt oder sich die Schwiegermutter ankündigt.“
Teddyz hatte das gehört. „Sie ist nicht adelig. Man sagt Landadel, wenn man einen Bauern aufs Korn nehmen will, der sich wichtig nimmt. Zu wichtig.“
„So einer wie Sybilles Ur-ur-ur-Opa? Deswegen? Aber die hatten doch sogar – pfui – Leibeigene, ist das denn nicht adelig?“
Bruno, der manchmal einen royalen Tick hatte, wiegelte ab: „Moment, sie kümmern sich aber auch um das Wohl und Wehe ihrer Untertanen. Zum Beispiel halten sie die Kultur hoch.“
„Ja, so hoch, dass niemand sonst drankommt“, erklärte Teddyz und schloss damit die Diskussion darüber ab.
„Ich meine, unten den Geruch von Erdbeeren gewittert zu haben. Folgt mir, Männer!“

Briefe von Euch, danke!