„Das ist ein ganz besonderer, kostbarer Becher aus Japan, Sybille hat ihn das letzte Mal aus Hamamatsu mitgebracht, da hat sie früher mal gewohnt“, referierte Bruno vor dem beeindruckten Koksi.
„Warum ist da so Gebammsel dran?“, fragte der kleine Eisbär.
„Keine Ahnung. Und hier…“ begann Bruno, als der Becher durch seine Bewegung vom Regal fiel und in tausend Stücke zerschellte.
„Die Troddeln sind gegen Geister“, sagte Teddyz, der zum Schrankabteil hoch schaute, in dem Bruno und Koksi sich die Exponate ansahen, „sie helfen gegen Ungemach.“
„Offensichtlich nicht gegen Bären“, kommentierte Henk und biss einen Happen von der selbst gemachten Schokolade ab, die er eben von Sybille in der Küche erhalten hatte.
Sybille hatte den Krach gehört und trat durch die Tür. Betrübt sah sie auf die Scherben auf dem Fußboden.
„Wieso hat Henk Schokolade und wir nicht?“, fragte Bruno.
Sybille schaute ins Regal. „Weil er mir mit dem Schmelzen der Kakaobutter – BRUNO! PFOTEN WEG!“ In zwei Schritten war Sybille beim Schrank und pflückte die beiden kleineren Teddys aus der Gläser-Sammlung. „Wer hat den Becher runter geschmissen?“, fragte sie müde. Sie brauchte dringend ein Nickerchen.
„Bruno“, petzte Henk. Wenn das hier in ein Verhör ausartete, konnte er lange auf sein nächstes Schoko-Stück warten.
Der Beschuldigte angelte aus Sybilles Armbeuge heraus nach einem kleinen Bierkrug, um ihn Henk an den Kopf zu werfen, bekam ihn aber nicht zu fassen.
Am Genick, wie bei einem kleinen Kätzchen, hob Sybille den Übeltäter hoch und setzte ihn am ausgestreckten Arm auf ein Fensterbrett. „Hier kannst du als Dekoration dienen, und jetzt lasst mich einfach mal in Ruhe.“
Bruno starrte ihr nach, als sie das Wohnzimmer verließ. Dann hopste er auf den Heizkörper unter sich und rutschte an der Seite mit quietschenden Pfoten zu Boden. Dort angelangt pustete er in die heißen Tatzen.
Bruno grinste.
„Jetzt singt sie in der Küche“, bemerkte Koksi überrascht.
„Ja, schlimm, nicht?“, murmelte Henk. Die Schokolade rückte in weite Ferne.
Koksi wandte sich zu ihm: „So ein Quatsch, Henk, wir sollten froh sein. Sie hat schon lange nicht mehr gesungen.“
Die Haustür fiel ins Schloss. Beinahe gleichzeitig stürmten die Bärchen in die Küche. Koksi, der voraus lief, wäre vom Gewicht der anderen fast platt gewalzt worden, weil er abrupt bremste. Er deutete auf die Arbeitsplatte.
„Liebe Ursa aber auch – sie hat die Küche in ein Labor verwandelt!“ Koksi schlug die Pfoten zusammen. Hilfe suchend wandte er sich an Teddyz: „Ist sie jetzt auch ein Vampir? Zieht sie bald den weißen Kittel an, wie die Frau mit den griechischen Wörtern?“
„Nein, sie ist kein Vampir“, sagte Henk beiläufig und machte sich an den Aufstieg zur Arbeitsplatte, „Vampire haben ganz schlimm Mundgeruch.“ Mit diesen Worten war er oben angelangt und kletterte einen Turm kleiner weißer Eimer empor.
„Lies mal vor, was draufsteht!“, schrie Bruno.
„Man-Del-Mehl. Und hier: Lein-Sa-Men Mehl Gold.“
„Gold!“, freute sich Koksi, „wir sind reich! Bekomme ich dann meinen Swimmingpool mit den Styropor-Platten?“
Teddyz hakte nach: „Ist das alles Mehl da oben?“
„Ja“, antwortete Henk, „bis auf den Weizenkleber. Was denkst du, was sie vorhat?“
Teddyz neigte den Kopf und legte seine Stirn in Falten. „Das hat bestimmt mit der Vampirfrau zu tun. Seitdem ist Sybille fast nur noch im Internet und versucht, alles über Stoffwechsel herauszufinden.“
„Second-Hand-Klamotten?“, fragte Koksi. Teddyz tätschelte den Kopf des Eisbären. „Ja, so ähnlich, nur innen. Hat mit essen zu tun.“
„Aha. Deswegen das mit der Schokolade“, sagte Henk. „Ich hab’s gewusst: ein Leben ohne Schokolade ist möglich, aber sinnlos. Und wir hatten seit Berlin keine Schoko mehr.“ Die anderen nickten, fassten sich dann aber ein Herz, da Henk vorhin ein Stückchen bekommen hatte.
„Sagt mal… riecht ihr das auch?“, fragte Bruno in die hoffnungsvolle Stille. Vier Nasen schnüffelten geräuschvoll. Vier Augenpaare richteten sich gleichzeitig auf den Backofen.
„Schoko-Kuchen!“, rief Henk.
„Aber hallo!“, rief Bruno.
„Endlich wieder was Süßes!“, rief Teddyz.
„Sybille kommt zurück, ich hab die Tür gehört!“, rief Koksi und machte sich aus dem Staub. Die anderen folgten ihm rasch. Zusammen stürmten sie aufs Sofa.
„Ich hör sie irgendwas machen, ihr auch?“, fragte Koksi.
Bruno bekam vor Aufregung Schluckauf.
Endlich, nach gefühlten Wochen, öffnete sich die Tür und Sybille trug auf einer Glasplatte eine enorme Erdbeertorte vor sich her, stellte sie auf dem Wohnzimmertisch ab und drückte Teddyz ein Messer in die Pfote.
„Jungs, hier bitte: eine fast Kohlehydrat-freie Torte. Ohne Zucker, ohne Weizenmehl. Für Leute, die Ketose-Diät machen. Mit einer Mascarpone-Creme mit Erdbeer-Belag. Auf einem Schokolade-Tortenboden. Guten Appetit.“
Die Bärchen konnten ihr Glück kaum fassen. Teddyz schritt feierlich zur Tat und teilte die Torte in acht halbwegs gleiche Stücke.
„Lasst noch ein bisschen für mich und den großen Typ, der hier wohnt übrig. Ich muss noch ins Gewächshaus und dann setze ich mich zu euch“, sagte Sybille und ließ die Teddys völlig überwältigt zurück.
Nachdem sie sich den Bauch dermaßen vollgeschlagen hatten, dass bei fast allen die Seitennähte zu reißen drohten, überkam sie große Müdigkeit.
„Bruno, willst du nicht mit uns hier aufs Sofa?“, fragte Koksi schläfrig.
Bruno lag auf dem Rücken und bewegte sich keinen Zentimeter. „Nö, lass mal, ich habe hier den schönsten Himmel der Welt über mir.“

Briefe von Euch, danke!